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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 13.07.2000
Aktenzeichen: 2 Ws 176/00
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 313 Abs. 2
StPO § 400 Abs. 1
StPO § 464 Abs. 3 Satz 1
StPO § 464 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2
StPO §§ 313 Abs. 2, 400 Abs. 1, 464 Abs. 3 Satz 1 (Halbsatz 2)

Der Nebenkläger kann ungeachtet der Bestimmung des § 464 Abs. 3 Satz 1 (Halbsatz 2) StPO das Fehlen einer ihm günstigen Auslagenentscheidung in einem die Berufung des wegen eines Nebenklagedelikts verurteilten Angeklagten gem. §§ 313 Abs. 2, 322 a StPO als unzulässig verwerfenden Beschluss mit der sofortigen Beschwerde anfechten, wenn die Berufung - unabhängig von der Frage ihrer Annahme - mangels Beschränkung in vollem Umfang zur Überprüfung durch das Berufungsgericht stand.

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13. Juli 2000 - 2 Ws 176/00 -.


OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE 2. Strafsenat

2 Ws 176/00 VII AK 31/00

Strafsache gegen

wegen fahrlässiger Körperverletzung

hier: Kostenbeschwerde der Nebenklägerin

Beschluß vom 13. Juli 2000

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Nebenklägerin wird der Beschluß des Landgerichts Freiburg vom 28. März 2000 dahin ergänzt, daß der Angeklagte die der Nebenklägerin im Berufungsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen hat.

Der Angeklagte trägt die Kosten der sofortigen Beschwerde und die der Nebenklägerin im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Ettenheim hatte den Angeklagten am 21. Februar 2000 wegen fahrlässiger Körperverletzung zum Nachteil der Nebenklägerin zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 40 DM verurteilt. Die vom Angeklagten hiergegen unbeschränkt eingelegte Berufung hat das Landgericht Freiburg mit Beschluß vom 28. März 2000 gemäß §§ 313 Abs. 2, 322 a StPO als unzulässig verworfen. Dabei hat es das Landgericht - entgegen § 464 Abs. 2 StPO - unterlassen, die gebotene Entscheidung über die der Nebenklägerin im Berufungsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu treffen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Nebenklägerin mit dem Ziel einer Ergänzung des Beschlusses um eine ihr günstige Auslagenentscheidung führt zu dem angestrebten Erfolg.

II.

1. Der Zulässigkeit der - schon mangels Zustellung des angefochtenen Beschlusses an die Nebenklägerin gem. § 35 Abs. 2 StPO rechtzeitig eingelegten - sofortigen Beschwerde steht nichts entgegen.

Das Rechtsmittel gem. § 464 Abs. 3 StPO ist nach allgemeiner Auffassung auch gegen das Unterlassen einer nach Abs. 1 und 2 dieser Vorschrift gebotenen Entscheidung statthaft, wobei es keinen Unterschied macht, ob das Gericht bewußt von der Entscheidung abgesehen oder sie lediglich vergessen hat (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. nur Beschluß vom 14. Mai 1998 - Die Justiz 1998, 481 - m.w.N. und Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 464 Rdnrn. 8, 12 und 16).

Die Zulässigkeit des Rechtsmittels scheitert auch nicht an der durch das Strafverfahrensänderungsgesetz vom 27. Januar 1987 (BGBl I 475) eingeführten Bestimmung des § 464 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz StPO. Zwar ist danach die sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen unzulässig, wenn eine Anfechtung der Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist, d.h. schon nach der Art der Hauptentscheidung schlechthin nicht zulässig ist oder die betroffene Person grundsätzlich - unabhängig von der Frage der Beschwer im Einzelfall - nicht zur Einlegung des Rechtsmittels befugt ist (vgl. Senat a.a.O.; Franke in KK-StPO 4. Aufl. § 464 Rdnr. 8; Hilger in Löwe-Rosenberg, StPO 24. Aufl. § 464 Rdnr. 50; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. Rdnrn. 17 ff.; Gesetzesbegründung BT-Drucks. 10/1313 S. 40). Hiervon kann vorliegend aber nicht ausgegangen werden. Die Berufung des Angeklagten war nicht auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt (zur Unzulässigkeit der Kostenbeschwerde des Nebenklägers insoweit vgl. OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 128 und OLG Stuttgart NStZ 1989, 548). Vielmehr stand das Urteil des Amtsgerichts grundsätzlich - unabhängig davon, ob die Berufung dann gem. § 313 Abs. 2 StPO angenommen wurde oder nicht - in vollem Umfang zur Oberprüfung durch das Berufungsgericht (vgl. Franke a.a.O. und LG Bielefeld StV 1994, 494) mit der Folge, daß eine Revision der Nebenklägerin gegen ein freisprechendes Urteil der Strafkammer nicht von vornherein gem. § 400 Abs. 1 StPO unzulässig gewesen wäre. Die in Betracht kommende Hauptsacheentscheidung ist damit der Oberprüfung durch ein Rechtsmittel nicht ausdrücklich entzogen. Daß die Entscheidung des Landgerichts über die Nichtannahme der Berufung ihrerseits gem. 322 a Abs. 2 StPO unanfechtbar ist (vgl. OLG Hamm VRS 98, 145; Kleinknecht/Meyer-Goßner a.a.O. § 322 a Rdnr. 8 m.w.N.), steht dem nicht entgegen (vgl. auch OLG Hamm NStZ-RR 1999, 54 für den Fall der Berufungsrücknahme).

Schließlich ist auch die Nebenklägerin durch die unterlassene Kostenentscheidung beschwert und der gem. § 304 Abs. 3 Satz 1 StPO notwendige Beschwerdewert von 200 DM übertroffen.

2. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. § 473 Abs. 1 Satz 2 StPO bestimmt, daß einem Beschuldigten, der sein Rechtsmittel erfolglos eingelegt hat, die dadurch dem Nebenkläger erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen sind.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 465 Abs. 1, 472 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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